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Mit Holzfaserdämmung: Alte Villa hat geringeren Primärenergiebedarf als KfW-Effizienzhaus 100
Die Jahrhundertwende-Villa hatte etwas von einem Schlösschen im Dornröschenschlaf: An dem bröckelnden Putz rankten Efeu und Gestrüpp empor. Doch so lange wie im Märchen musste die Villa im niedersächsischen Diepholz, Baujahr 1913, nicht warten, bis sie wachgeküsst wurde.
Der Prinz kam in Person eines neuen Eigentümers. Er machte sich nach zehn Jahren Leerstand daran, das repräsentative Eckhaus mit Erkerturm und Walmgaube energetisch ins Jetzt und Heute zu holen. Das Gebäude wurde innerhalb von drei Jahren von Grund auf saniert. Kellerdecke und das Dach bekamen eine neue Dämmung. Da die Villa nicht unter Denkmalschutz steht, konnte die Fassade von außen gedämmt werden.
Was überraschte: Der Bau verfügt über ein zweischaliges Mauerwerk bestehend aus zwei Ziegelwänden einer Stärke von 24 Zentimetern (außen) und elf Zentimetern (innen). Der neun Zentimeter starke Hohlraum wurde bei der Sanierung mit einer Einblasdämmung verfüllt.
Außen erhielt die Villa noch eine zusätzliche Hülle. Die Wahl fiel auf das Dämmsystem UdiReco. Die 100 Millimeter dicken Holzfaserplatten eignen sich besonders, um Unebenheiten im Untergrund auszugleichen. Denn das war im Fall des Dornröschen-Schlosses mehr als nötig: Der im Lauf der Jahrzehnte dunkelgrau gewordene Besenwurfputz bröckelte. Das alte Mauerwerk war an manchen Stellen mit Zement verfestigt worden. Da blieb nur eines: Der alte Putz wurde komplett abgeschlagen.
Die Holzfaser-Dämmplatten wurden auf einer Fläche von 400 Quadratmetern angebracht. Sie sind auf einer Seite hart und ergeben so nach außen eine glatte Oberfläche. Zum Untergrund hin sind sie elastisch, um Unebenheiten bis zu zwei Zentimetern ausgleichen zu können. Ein patentierter Stelldübel mit integriertem Teller drückt die Platte in die richtige Position. Die Holzfasern werden dadurch unter Aufnahme hoher Zugkräfte gegen die Wand gepresst. Klebstoff oder eine aufwendige Unterkonstruktion sind bei diesem Verfahren nicht nötig.
Bei der Diepholzer Villa erwiesen sich die Flächen oberhalb der Bogenfenster wie auch die Mauerrundungen im Bereich des Erkerturms oder dem Vordach am Eingang als besonders knifflig: „Um die Dämmmatten dort exakt anbringen zu können, wurden sie an den Rundungen eingeschlitzt“, erläutert Anka Unger, Geschäftsführerin des Herstellers UdiDämmsysteme aus Chemnitz.
Holzfasern haben den Vorteil, Feuchtigkeit regulieren zu können. Auch beim Dämmen der Kellerdecke und im Dach kam das natürliche Material deswegen zum Einsatz. In Kombination mit einer modernen Haustechnik (Wärmepumpe, Fußbodenheizung, Photovoltaik) gelang es, das verschlafene Schlösschen in ein Wohngebäude zu verwandeln, das mit 54 kWh/m2a einen geringeren Primärenergiebedarf aufweist als ein KfW-Effizienzhaus 100. Der spezifische Transmissionswärmeverlust der Gebäudehüllfläche liegt bei nur 0,405 W/K.
Auf 400 Quadratmetern Fläche sind heute vier Wohnungen untergebracht. Innen hat das Schlösschen mit seinen hohen Decken, unterteilten Fenstern und schönen Fußbodenmosaiken viel von seinem einstigen Charme bewahrt und kann zugleich einen komfortablen Neubaustandard bieten.